Wenn der Waschbär zur Plage wird
Biologe Dr. Ulf Hohmann stellt Ergebnisse einer Studie im Kasseler Westen vor
KASSEL. Sie machen Lärm auf dem Dachboden und hinterlassen Unrat, werfen Mülltonnen um und fressen Obstbäume ab. In manchen Teilen Kassels sind Waschbären eine wahre Plage. Doch wie leben diese Tiere eigentlich? Übertragen sie tatsächlich gefährliche Krankheiten? Was kann man gegen sie tun?
Diese und andere Fragen beantwortete Dr. Ulf Hohnmann von der Gesellschaft für Wildökologie und Naturschutz in einem Vortrag im Naturkundemuseum. Der Biologe und sein Team haben in einer zweijährigen Studie das Verhalten der Waschbären beobachtet. Schwerpunkt der
Forschung war der Kasseler Westen, besonders Harleshausen und Kirchditmold. In diesen Stadtteilen ist das Problem mit den Waschbären so groß, dass sich Menschen mit Stacheldrahtzäunen und Stachelkränzen am Regenfallrohr zu schützen versuchen.
Hohmann erklärt die Ursache des Problems. „Die Städte sind der Ideale Lebensraum für Waschbären. Die Tiere sind sehr anpassungsfähig und nutzen die Nähe des Menschen.“ Obwohl Waschbären eigentlich Waldtiere sind, leben heutzutage zehnmal mehr Tiere in den Städten, als im Wald. Im Kasseler Westen stellen die Wissenschaftler Fallen auf und fingen so in vier Wochen 108 Waschbären, die dann auf Geschlecht, Größe und Gewicht untersucht wurden. Bei den Weibchen kontrollierte man ebenfalls, ob sie bereits Junge bekommen haben oder gerade großziehen. Dabei kamen sie zu einem überraschenden Ergebnis. Im Vergleich mit anderen Städten ist die Fruchtbarkeit der Kasseler Waschbären besonders hoch.
Die Ursache ist einfach: In Kassel werden besonders viele Tiere gejagt, etwa 30 Prozent der Waschbären sterben durch menschliche Hand. Um ihren Bestand zu erhalten, regulieren die Tiere mit verstärkter Fortpflanzung. Auch über die vielfach befürchtete Übertragung von Krankheiten durch die Tiere informierte Hohmann. „Es ist richtig, dass die Tiere eine Krankheit übertragen, die so genannte Larva Mirgrans.“
Dieser Parasit wird auch Waschbärspulwurm genannt und durch die Eier des Wurms übertragen. Diese befinden sich im Kot jedes zweiten Waschbären. Nimmt man Spuren des Kots oral auf, besteht Übertragungsgefahr. Ein Gefahr durch tollwütige Tiere besteht jedoch in der Regel nicht. „Die Tiere erkranken zwar, stecken jedoch den Menschen zumeist nicht an, da sie nicht aggressiv werden, sondern sich zurückziehen“, so Hohmann.
Für das Verhalten gegenüber den Bären stellt Hohmann Regeln auf. Auf keinen Fall darf man die Tiere füttern, man sollte direkten Kontakt vermeiden. „Verlieren die Tiere die Scheu vor Menschen, werden sie manchmal dreist und aggressiv.“ Kot sollte man nur mit Handschuhen entfernen und Müll und Kompost verschlossen aufbewahren. „Zum Eindringen ins Haus müssen alle Möglichkeiten verbaut werden“, erklärt Hohmann. Bäume und Ranken, die als Kletterhilfe dienen, müssen mehr als einen Meter vom Haus entfernt stehen, näher reichende Äste sollte man entfernen.
Um Fallrohre zu sicher, kann man breite Metallmanschetten oder den „Waschbärstopp“ anbringen, an dem sich die Tiere nicht festhalten können.
Das Waschbärproblem in Deutschland: Herausforderungen und Kosten
In den letzten Jahren hat die Verbreitung von Waschbären in Deutschland nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Herausforderungen mit sich gebracht. Ursprünglich in Nordamerika beheimatet, haben sich diese Tiere seit ihrer Einführung in den 1930er Jahren rasant vermehrt und sind mittlerweile in vielen Teilen Deutschlands ein alltäglicher Anblick. Doch was bedeutet das für die Gesellschaft, und welche Kosten sind damit verbunden?
Die Herausforderungen
Waschbären sind äußerst anpassungsfähig und bewohnen sowohl ländliche als auch urbane Gebiete. In Städten werden sie oft als Plage betrachtet, da sie Mülltonnen plündern, in Dachböden eindringen und Schäden an Gebäuden verursachen können. Ihre nächtlichen Aktivitäten und ihre Geschicklichkeit im Öffnen von Behältern machen sie besonders lästig für Stadtbewohner.
Neben den städtischen Problemen haben Waschbären auch erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Sie plündern Felder, zerstören Ernten und belasten Landwirte finanziell. Zudem stellen sie eine Bedrohung für heimische Tierarten dar, da sie Nester plündern und dadurch die Population bestimmter Vogelarten reduzieren können.
Die ökonomischen Kosten
Die durch Waschbären verursachten Schäden können erheblich sein. Studien schätzen, dass die jährlichen Kosten für Schäden und Maßnahmen zur Kontrolle der Waschbärenpopulation in die Millionen gehen. Diese Kosten umfassen:
Gebäudeschäden: Waschbären, die in Dachböden eindringen, können Dächer und Isolierungen beschädigen. Die Reparatur solcher Schäden kann schnell teuer werden.
Landwirtschaftliche Verluste: Durch das Plündern von Feldern und das Zerstören von Ernten verursachen Waschbären erhebliche finanzielle Verluste für Landwirte.
Abfallmanagement: Städte müssen zusätzliche Ressourcen aufwenden, um Mülltonnen sicherer zu machen und die Tiere davon abzuhalten, Müll zu verbreiten.
Gesundheitskosten: Waschbären können Krankheiten wie Tollwut und den Waschbärspulwurm übertragen, die auch für Menschen und Haustiere gefährlich sein können. Die Kontrolle und Behandlung dieser Krankheiten verursacht ebenfalls Kosten.
Maßnahmen zur Kontrolle und Prävention
Um die Waschbärenpopulation zu kontrollieren und die damit verbundenen Kosten zu reduzieren, werden verschiedene Maßnahmen ergriffen. In einigen Bundesländern wird gezielt Jagd auf Waschbären gemacht, um ihre Anzahl zu verringern. Zudem werden Strategien entwickelt, um die Tiere von städtischen Gebieten fernzuhalten, beispielsweise durch sichere Mülltonnen und Aufklärung der Bevölkerung.
Einige Städte haben Programme zur Umsiedlung der Tiere entwickelt, wobei Waschbären in weniger dicht besiedelte Gebiete gebracht werden. Diese Maßnahmen sind jedoch teuer und erfordern kontinuierliche Anstrengungen.
Fazit
Die Ausbreitung von Waschbären in Deutschland stellt eine erhebliche Herausforderung dar, sowohl ökologisch als auch ökonomisch. Die durch sie verursachten Schäden und die Kosten für deren Kontrolle sind beträchtlich und erfordern koordinierte Anstrengungen auf lokaler und nationaler Ebene. Langfristig wird es entscheidend sein, effektive Strategien zu entwickeln, um die Balance zwischen Mensch und Natur zu bewahren und die ökonomischen Belastungen zu minimieren.